Arbeitskreis Herrschaftskritische Friedensforschung: Wissenschaftsfreiheit als Prämisse von Friedens- und Konfliktforschung, März 2025.
Wie in anderen disziplinären Feldern, so gilt auch für die deutschsprachige Friedens- und Konfliktforschung: Die Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit in fernen Ländern zu beklagen fällt leicht. Widerspruch ist solange erwünscht, wie die Angriffe auf Forschung, Lehre und Zivilgesellschaft im eigenen Land von weit rechts auf die sogenannte politische Mitte abzielen. Wenn die Wissenschaft selbst jedoch daran beteiligt ist, die Räume des (Un)Sagbaren zu definieren und zu kontrollieren, wird es kompliziert – und kontrovers.
Anfang des Jahres haben sich Mitglieder des Arbeitskreises Herrschaftskritische Friedensforschung innerhalb der seit 1968 bestehenden Wissenschaftsvereinigung der deutschsprachigen Friedens- und Konfliktforschung deshalb zusammengefunden, um eine Stellungnahme zu verfassen. Der Anlass waren die beiden „Antisemitismus-Resolutionen“ des Deutschen Bundestags im November 2024 und Januar 2025, die förderungswürdige Wissenschaft und auch zivilgesellschaftliche Organisationen auf die – im Fachdiskurs umstrittene – IHRA-Definition von Antisemitismus verpflichten wollen.
Ausgerechnet jenes disziplinäre Feld, das von sich behauptet, die Möglichkeitsbedingungen von Krieg und Frieden zu beforschen, ist bislang bemerkenswert stumm, wenn Kolleg*innen ausgeladen, Räume entzogen, Forschungsprojekte und Publikationen behindert werden. Insbesondere, wenn es um die Einhegung und Unhörbarmachung kritischer Positionen zum Genozid in Palästina/Israel und die diesbezügliche Komplizenschaft westlicher Akteur*innen wie der Bundesrepublik Deutschland geht, werden Staatsräson und Selbstzensur auch unter Wissenschaftler*innen bisweilen zu wirkmächtigen Werkzeugen des Krieges selbst.
Dafür wollte die Stellungnahme des Arbeitskreises sensibilisieren, dagegen will sie auch mobilisieren. Auf der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK e.V.), ist das bislang nur bedingt gelungen. Der erwartbaren Kontroverse zum Trotz wurde der Text am 20. März aber letztlich mit breiter Zustimmung diskutiert, und es konnte somit ein wichtiger Impuls für die weitere Beschäftigung der gesamten AFK mit dem Thema gesetzt werden.