Sarah Schulman: The Fantasy and Necessity of Solidarity, New York (Penguin Random House) 2025, 320 Seiten.
„The Fantasy and Necessity of Solidarity“ [Fantasiebild und Notwendigkeit von Solidarität] ist das neueste Buch von Sarah Schulman, einer US-amerikanischen Schriftstellerin, Pädagogin und Aktivistin, die vor allem durch ihre monumentale Oral History von ACT UP, der AIDS Coalition to Unleash Power, bekannt geworden ist. In einer Mischung aus politischen Memoiren und Ratgeber denkt es neu und differenziert darüber nach, wie Solidarität heute praktiziert werden kann, und liefert im Vorbeigehen wunderbare Definitionen, zum Beispiel: „Solidarität ist der Prozess der Anerkennung, dass andere Menschen wirklich existieren und ihre Erfahrungen wichtig sind“, oder: „Solidarität ist die Handlung hinter der Erkenntnis, dass man nicht der einzige Mensch mit Träumen ist“.
Während der Schwerpunkt des Buches auf der Solidarität mit Palästina liegt (für die sich Schulman seit 2009 engagiert), greift die Autorin auch auf ihre breitere aktivistische, künstlerische und pädagogische Arbeit zurück und gibt viele Beispiele für gelebte Solidarität, vor allem im US-Kontext, vom geheimen Aktivismus für reproduktive Rechte bis hin zu informellen Selbsthilfegruppen, die sich innerhalb der exklusiven Räume der New Yorker Theaterszene gebildet haben. Über ihre eigenen Erfahrungen hinaus findet Schulman wertvolle Lehren in der Arbeit von Vivian Gornick, Wilmette Brown und Jean Genet, um nur einige zu nennen.
Schulman akzeptiert die inhärente „Messiness“, die ideologische Unordentlichkeit von Solidarität, die „trotz Widersprüchen wichtig ist, sich entwickelt und Wirkung zeigen kann“. Aber am eindrucksvollsten ist ihre aus ihrer jahrzehntelangen Organisationsarbeit und vielen herben Enttäuschungen gewonnene ehrliche Anerkennung der Schwierigkeit und der Notwendigkeit, in der Solidaritätsarbeit quer durch die Machthierarchien Koalititionspolitik zu betreiben: „Koalitionen sind unbequem, weil wir unsere ganz spezifischen persönlichen politischen Ziele, die keiner von uns allein erreichen kann, zugunsten eines Kompromisses für die Gemeinschaft opfern. Aber ohne diese Flexibilität wäre keine Bewegung möglich. Der Wandel, der Frieden und die Gerechtigkeit, die wir anstreben, sind wichtiger als unser Bedürfnis, in unseren Wohnzimmern Recht zu haben.“
Hoffentlich wird das Buch ins Deutsche übersetzt.