Köppert, Katrin: Für eine radikale Imagination von Wissenschaft. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft, Jg. 17 (2025), Nr. 2, S. 140-144, http://dx.doi.org/10.25969/mediarep/24183.
Peters, Kathrin: Kritik der Wissenschaftsfreiheit. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft, Jg. 17 (2025), Nr. 2, S. 135-139, http://dx.doi.org/10.25969/mediarep/24182.
Was bedeutet es, wenn gegenwärtig so viel über Wissenschaftsfreiheit gesprochen wird? Wer nutzt den Begriff und mit welchen Anliegen? Für wen gilt diese Freiheit? Wer wird nicht mitgedacht, was wird nicht gedacht? In der Zeitschrift für Medienwissenschaft haben Katrin Köppert und Kathrin Peters Debattenbeiträge veröffentlicht, die die Reaktionen von Universitäten auf den genozidalen Krieg in Gaza zum Ausgangspunkt nehmen, um die Rede von der Wissenschaftsfreiheit zu problematisieren.
Katrin Köppert argumentiert, dass es ins Leere läuft, auf die Beschneidung akademischer Räume mit der Verteidigung von Wissenschaftsfreiheit zu reagieren. Der Ruf nach Freiheit müsste, vor dem Hintergrund des Black Radical Thought, erst einmal das Problem einer real existierenden Unfreiheit anerkennen. Rinaldo Walcott hat die Schwarze Emanzipation als eine beschrieben, die sich noch gar nicht ereignet hat. Mit Walcott gedacht hätte an die Stelle eines Plädoyers für Wissenschaftsfreiheit die Forderung nach einer radikalen Imagination von Wissenschaft zu treten.
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Auch Kathrin Peters problematisiert, wenn der Fokus lediglich auf die Wissenschaftsfreiheit gerichtet wird. Sie sieht das Verhältnis von Wissenschaft und Politik, seit es Wissenschaft gibt, als ein verschränktes. Der Ruf nach Neutralität von Wissenschaft ist deshalb selbst politisch. Denn er ignoriert, dass schon die Wahrnehmung eines Problems als Problem niemals neutral sein kann. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Debatte um Wissenschaftsfreiheit, die angesichts Palästina-solidarischer Proteste an Universitäten ausgebrochen ist, als Verschiebung. So berechtigt Zweifel, ob die Wissenschaftsfreiheit staatlicherseits immer geschützt wurde, im Einzelnen sein mögen, so sind diese Debatten doch zugleich daran beteiligt, den analytischen Blick von drängenden Fragen abzuwenden – Fragen danach, wo Rassismus und Antisemitismus anfangen und aufhören, oder nach der sogenannten deutschen Erinnerungskultur. Vor allem aber verstellen die Debatten den Blick auf die Lage in Gaza, auf die die Protestierenden doch vor allem aufmerksam machen wollen.
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