Autor: Christian Strippel

  • Aufstieg und Kontinuitäten der Anti-Migrations-Linken

    Vinit Ravishankar: The Rise and Rise of the Anti-Migrant Left: Reject Parochialism, Embrace Migration, The Left Berlin, 13. Januar 2025.

    Bei all den Protesten gegen das Einreißen der Brandmauer zur AfD durch Friedrich Merz und seine CDU im Zuge der gemeinsamen Abstimmung für den Fünf-Punkte-Plan zur Verschärfung der Migrationspolitik ging ein wenig unter, dass daran auch das Bündnis Sarah Wagenknecht beteiligt war. Die Partei hatte sich im September 2023 erst gegründet und von der Linken abgespalten, um den Wähler:innen ein – wie es damals hieß – sozialpolitisch linkes und gesellschaftspolitisch konservatives Angebot zu machen. Ein gutes Jahr später steht das Bündnis in migrationspolitischen Fragen so weit rechts, dass selbst eine gemeinsame Politik mit der AfD dort niemanden mehr abzuschrecken scheint. Für The Left Berlin stellt Vinit Ravishankar diese und ähnliche Entwicklungen in Europa und den USA in einen größeren historischen Kontext: vom „Jingo-Socialism“ der US-amerikanischen Arbeiterbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis hin zum Ausschluss der sog. „Gastarbeiter“ aus den Gewerkschaften und Betriebsräten im Nachkriegsdeutschland. Auch wenn, so Ravishankar, eine globalisierte Arbeitsmigration durchaus im Sinne neoliberaler Politik sei, so dürfe daraus für eine Linke nicht folgen, sich nach der Logik nationalstaatlicher Abschottung gegen die ausgebeuteten Migrant:innen zu wenden; vielmehr müsse es darum gehen, sie im Sinne internationaler Solidarität bei ihrer Emanzipation vor Ort zu unterstützen.

    https://www.theleftberlin.com/the-rise-and-rise-of-the-anti-migrant-left/

  • „Sag einfach nur Genozid“ – Die Ein- und Ausladungspolitik als Spiel der institutionellen Selbstvergewisserung

    Avgi Saketopoulou, Just Say Genocide: The Problem of Truth Sadism, The Battleground, 28. November 2024.

    Für The Battleground schildert die Psychoanalytikerin Avgi Saketopoulou ihre Erfahrungen mit dem Sigmund Freud Museum in Wien, das sie zunächst zu einem Interview einlud, dieses dann aber abbrach, als sie Israels Krieg in Gaza als „Genozid“ bezeichnete. Warum, fragt sie, passiert so etwas? Warum holen sich Institutionen palästina-solidarische Stimmen ins Haus, nur um sie dann wieder vor die Tür zu setzen? Für die Autorin ist diese Politik des Ein- und Ausladens ein Symptom: für den Versuch, die zunehmenden Risse und Widersprüche im eigenen Narrativ zu Israel/Palästina dadurch in den Griff zu bekommen, dass man sie – statt  sie ernsthaft zu bearbeiten – von anderen zur Sprache bringen lässt und sie dann mit aller Macht der Institution zurechtweist oder ausschließt. Für palästina-solidarische Menschen wirft dies die Frage auf, wie eine kritische Zusammenarbeit mit solchen Institutionen aussehen könnte, ohne dieses Spiel der institutionellen Selbstvergewisserung mitzuspielen.

    https://thebattleground.eu/2024/11/28/just-say-genocide/